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Einen Einführungskurs in die Kinowirtschaft, bitte!

1. Februar 2009

Ein paar Tage alt ist das Interview mit Tom Cruise schon, welches jetzt.de-Redakteur Tobias Kniebe anlässlich des Kinostarts von „Operation Walküre“ führen durfte (und indirekt auch auf sein eigenes Sachbuch zum Thema hinweisen). Über die Fragen und Antworten braucht an dieser Stelle kein Wort gefällt werden. Las man ein Interview mit dem United Artists-Teilhaber und Zuschauermagneten, das Gespräch zwischen Journalisten und Schauspieler lief ähnlich ab.

Kniebe allerdings begnügte sich nicht nur mit dem Stellen von Fragen und der Niederschrift des von Cruise gesagtem. Er ordnete, ergänzte und wertete die Antworten auch noch. Eigentlich kein Problem, denn dazu sind Journalisten da. Doch mit folgendem Satz disqualifiziert sich Kniebe selbst.

Was im November Wunsch war, ist heute Wirklichkeit. Der Film hat seine 75 Millionen Dollar in den USA eingespielt. Tom Cruises Instinkt also mal wieder: 100 Punkte. Blogger, Zweifler, Untergangspropheten, Scheinexperten: Null Punkte.

Der Wunsch bezieht sich aufeinen Box-Office-Erfolg für Cruise, United Artists (UA) und Metro-Goldwyn-Mayer (MGM). Doch nicht nur in Deutschland, auch in Cruise Heimat wurde am kommerziellen Erfolg gezweifelt. Gründe gab es genügend.

  • Der Filmstart wurde mehrfach verschoben. Erst sollte der Bryan Singer-Film im Sommer 2008 starten, dann im Herbst, auf einmal war von Februar 2009 die Rede, bis schließlich der US-amerikanische Kinoverleih Metro-Goldwyn-Mayer den Filmstart auf den 25. Dezember 2008 zurücklegte.
  • Von Nachdreharbeiten war die Rede. Ob dies stimmt oder seit Beginn der Produktion an, von weiteren Dreharbeiten ausgegangen wurde, kann nicht nachgeprüft werden. Doch das Gerücht vom schlechten Abschneiden des Films während einiger Testvorführungen stand im Raum.
  • Mit Paula Wagner verließ Tom Cruise seine langjährige Produzentin und Mitgesellschafterin bei United Artists. Wagner galt als die Frau mit den Fäden in den Händen ihrer gemeinsamen Filme, Cruise als das Aushängeschild von Cruise-Wagner Productions und später UA.

Bis heute hat „Operation Walküre – Das Stauffenberg-Attentat“ an den Kinokassen sogar annähernd 100 Millionen US-Dollar weltweit eingespielt. Doch damit Cruise-Instinkt als 100-prozentig richtig darzustellen ist falsch.

Unterschiedliche Angaben über die Produktionskosten existieren, auch ist für Außenstehende der finanzielle Umfang der Public Relations- und Werbeausgaben nur schwer zu beziffern. Nehmen wir als Produktionskosten mal die Zahl zwischen 80 und 100 Millionen US-Dollar – also 90 Millionen US-Dollar – und rechnen grob 40 Millionen US-Dollar für Werbeaufwendungen. Macht also Ausgaben von rund 130 Millionen US-Dollar für den in Babelsberg gedrehten Hollywood-Film.

Da aber nur rund die Hälfte des Kinoeinspielergebnisses an den Filmverleih geht, dieser seine eigenen Unkosten – beispielsweise für die Herstellung von Filmkopien – begleichen wird, geht davon noch ein kleinerer Teil an die Produktionsfirma zurück. Einfach ausgedrückt: „Valkyrie“ müsste rund 260 Millionen US-Dollar an den Kinokassen einspielen, um seine Produktionskosten begleichen zu können. Von einem Gewinn kann dann noch keine Rede sein.

(Über Presales, so genannte Vorverkäufe, sicherte United Artists die Produktion ab. Beispielsweise kaufte Wide Pictures die Verwertungsrechte in Spanien. Damit gehen aber auch alle spanischen Einnahmen an diese Firma.)

Natürlich gibt es weitere Auswertungsarten. Dem Kino folgt der Home Entertainment-Markt mit DVDs und Blue-Ray, dann Pay-Per-View, Pay- und Free-TV. Über die gesamte Auswertungszeit bis der Bryan Singer-Thriller in den Kassenbüchern der Filmfirma buchhalterisch abgeschrieben ist, sollten sich die Kosten amortisiert haben.

Trotzdem allen Kritikern vors Schienbein zu treten und ihnen Null Punkte für ihre „Vorhersage“ zu geben, ist nicht richtig. Zwar ist „Valkyrie“ nicht der mögliche Totalflop geworden, Tom Cruise kommt aber nur mit einem blauen Auge davon. Und Kniebe hat in einem Punkt Recht: Cruise erfolgreichster Film liegt gar nicht solange zurück, wie viele Zeitgenossen denken: „Krieg der Welten“ aus dem Jahr 2005. Hinter der Kamera stand aber Steven Spielberg, dieser setzte seinen persönlichen Stempel auf den Invasions-Thriller und auch achtet der „Indiana Jones“-Regisseur peinlich genau darauf, dass seine Filme ihr Geld auch einspielen. Dass Cruise schadhaftes Verhalten im Rahmen der Film-PR an den Tag legte und somit einen noch viel größeren wirtschaftlichen Erfolg für Spielberg, Dreamworks Pictures, Paramount Pictures und sich selbst verhinderte, darf heute nicht vergessen werden. „Valkyrie“ ist dabei kein 100 Punkte-Erfolg für Cruise. Maximal 50 Punkte hat er für seine Leistung verdient.